Frühling in Bogotá
Dienstag, 12. Februar 2013
Frühling in Bogotá?
Warum eigentlich “Frühling in Bogotá”? Kalendarisch ist hier auf der Südhalbkugel ja Sommer, aber das Klima in Bogotá ist ganzjährig eher frühlingshaft bzw. muss man sagen, dass sich hier eigentlich die vier Jahreszeiten an einem Tag abspielen. Die Temperaturen schwanken zwischen 6-8 Grad nachts und 21- 23 tagsüber. Ich bin sehr froh, Wollhemd und -socken und Fliesjacken mitgenommen zu haben, denn man muss frühmorgens schon warm verpackt aus dem Haus gehen. Den Tag über herrscht dann das Zwiebelschalenprinzip. Wenn die Sonne scheint, was zur Zeit nicht jeden Tag der Fall ist, sollte man sich auch unbedingt vor einem Sonnenbrand schützen. Seit ein paar Tagen hat sich die Sonne allerdings so gut wie verzogen (vielleicht ist sie jetzt in Deutschland?), es ist überwiegend grau und kühl (ca. 15 Grad) und es regnet mitunter heftigst, so dass Straßen zu kleinen Bächen werden. Aber ab Freitag soll sich die Sonne wieder zeigen und die Temperaturen tagsüber bis auf 21 Grad steigen.

Bogotá liegt unterhalb bzw. westlich eines Gebirgszuges, dessen zwei Erhebungen Guadalupe und Monserrate Bezugspunkte zur Orientierung in der Stadt sind. Auf dem Berg Monserrate befindet sich eine gleichnamige Kirche, zu der man entweder mit einer Seil- oder einer Zahnradbahn hinauffahren kann. Das ist besonders an Wochenenden ein beliebter Ausflugspunkt mit vielen kleinen volksküchenartigen Restaurants, wo man deftige heimische, natürlich fleischlastige Kost bekommt. Von dort hat man einen phantastischen Blick über die Stadt und die Umgebung, die sogenannte Sabana.

Bogotá hat, ähnlich wie New York, ein schachbrettartiges Straßennetz und die Straßen tragen keine Namen sondern sind nummeriert. Zunächst schien mir das sehr verwirrend, bis mir der Taxifahrer, der mich vom Flughafen in meine neue Wohnung gebracht hat, das Prinzip erklärt hat. Die Straßen parallel zum Berg heißen Carreras und die Nummern steigen mit Entfernung zum Berg. Die Straßen, die auf den Berg zulaufen, heißen Calles und die Höhe steigt je weiter man nach Norden kommt. Die Stadt hat ein soziales Gefälle in Nord-/Südrichtung, d.h. im Norden befinden sich die wohlhabenden Stadtviertel, während man nach Süden in immer ärmere Viertel kommt. So befinden sich die Häuser des Projekts natürlich in der Südzone.



Ich wohne in einem kleinen Condominium in einer netten kleinen Wohnung mit Judy, einer jungen kolumbianischen Anwältin und Rory, einer noch jüngeren Amerikanerin, die hier für sechs Monate ein Praktikum absolviert macht.


Unser Stadtteil heißt La Macarena und ist bekannt als eines der Viertel mit den meisten Cafés, Bars und Restaurants. Man kann hier in verschiedenen Restaurants auch günstig und schmackhaft vegetarisch essen. Fünf Minuten von uns befindet sich Ázimos, ein ganz zauberhaftes kleines Bistro mit Vollkornbäckerei, wo man Eier von “glücklichen Hühnern” und samstags Gemüse aus organischem Anbau bekommen kann.
In unserer Vollkornbäckerei mit Bistro gibt es vieles, was ein deutsches Herz begehrt, auch einen wunderbaren Cappucciono.

La Macarena liegt ziemlich hoch am Berg, praktisch oberhalb des Stadtzentrums. Das hat den Vorteil, dass die Luft hier recht gut ist, während weiter unten aufgrund der vielen Busse oft ziemlicher Smog in der Luft liegt. Von uns aus geht man ungefähr zehn Minuten den Berg hinuter und kommt auf die Carrera 7. Sie ist eine der Hauptschlagadern der Stadt, die die nördlichen Außenbezirke mit der Innenstadt verbindet. Hier unterhalb von uns ist sie gesäumt von Banken und Bürohäusern, so dass in der Mittagszeit dort ein munteres Treiben herrscht, weil die vielen Angestellten sich in die zahlreichen kleinen Restaurants begeben.

Unser Viertel gilt als eines der "besseren". Ist ein bisschen bohemien mit seinen vielen kleinen Restaurants.

Weiter ins Stadtzentrum hinein ist die Carrera 7 tagsüber Fußgängerzone, so dass man dort unbehelligt von Bussen und Autos schlendern kann. Ca. zwanzig Fußminuten in südliche Richtung erreicht man das Museo del Oro, das bekannte Goldmuseum und nach weiteren zehn Minuten kommt man auf die Plaza de Bolívar, den großen Platz unterhalb der Kathedrale, der, wie der Name schon sagt, mit einer Statue des “Befreiers” Simon Bolívar geschmückt ist. Dies ist sozusagen das Herz Bogotás und hier befindet sich auch das historische Stadtzentrum, La Candelaria, mit kleinen Gässchen und malerischen alten Häusern.
Hier befindet sich der Kern der Altstadt mit der Palza de Bolívar, zahlreichen Museen, Restaurants, Cafés und wunderschönen Häusern aus der Kolonialzeit.
Je näher man dem Stadtzentrum kommt, um so mehr obdachlose Menschen sieht man auf den Straßen. Überhaupt habe ich den Eindruck, dass Bogotá viel mehr arme und obdachlose Menschen hat als Sao Paulo und Rio de Janeiro. Ich fühle mich hier insgesamt auch unsicherer als in Brasilien. Diese Tage wurde meine Mitbewohnerin Rory abends auf dem Heimweg ca. zehn Minuten von hier von drei jungen Männern überfallen und ihrer Tasche mitsamt IPhone und 720.000 Pesos (ca. 300 Euro) beraubt. Man muss sich ein wenig umhören, um zu wissen, welche Stadtviertel sicher sind und in welche man sich besser nicht begeben sollte. Z.B gilt unser Viertel La Macarena als einer der “besseren” Stadtteile, aber zwei Straßen weiter beginnt das Viertel Perseverancia, dass als unsicher und gefährlich gilt. Die Stadt ist insgesamt sehr gemischt, so dass man Straßenzüge hat, die als Estrato 6 gelten (das sind die besten Wohngegenden) und um die Ecke Straßen, die zu Estrato 1 oder 2 gehören.
Zwei Straßen von uns befindet man sich in dem als gefährlich geltenden Viertel La Perseverancia. Ich hatte mich einmal hierhin verlaufen, ohne um seinen Ruf zu wissen und wurde von einem Anwohner gemahnt, mich nie wieder dorthin zu verirren.

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