Frühling in Bogotá
Endlich angekommen!
Tatsächlich bin ich seit dem 15.1. hier in Bogotá, aber ich war gesundheitlich so angeschlagen, dass ich eigentlich erst jetzt so langsam das Gefühl habe angekommen zu sein, weil ich mich so richtig ohne Einschränkungen erst seit Anfang dieser Woche unter Menschen begeben kann. Aber seit letztem Sonntag geht es stetig bergauf und ich war diese Woche schon zweimal in der Fundación Niños de los Andes (Stiftung Andenkinder), wegen der ich ja letztendlich hergekommen bin.

Da dieses Projekt, ebenso wie AVICRES in Brasilien, verschiedene Häuser über die Stadt verteilt hat und ich meine Zeit in öffentlichen Verkehrsmitteln so gering wie möglich halten möchte, habe ich mich entschlossen, zunächst nur zweimal pro Woche in zwei benachbarte Häuser zu gehen, sogenannte Centros de Emergencia (Notzentren), d.h. dass Jungen mit Drogenproblemen für zwei bis drei Wochen dort unterkommen, bevor sie auf andere Einrichtungen verteilt werden. In einigen Fällen handelt es sich dabei um Jungen, die auf der Straße aufgegriffen wurden und vom ICBF - Instituto Colombiano de Bienestar Familiar (so etwas wie bei uns das Jugendamt) in die Häuser gebracht werden, um zunächst eine physische und psychologische Bestandsaufnahme zu machen und dann über die weiteren Schritte zu entscheiden. In einigen Fällen kommen die Jungen aber auch auf eigenen Wunsch oder den ihrer Familien. In beiden Häusern zusammen sind zur Zeit ca. 70 Jungen zwischen 12 und 17 Jahren.

Ich habe diese Woche mit drei ganz unterschiedlichen Jungen gesprochen. Bryan, ein siebzehnjähriger Absolvent einer Ausbildung im Bereich Gastronomie und Außenhandel, gab an, dass er seit drei Jahren zunächst Marihuana und dann auch Basuco (so etwas wie Crack) konsumiert und jetzt aus freien Stücken und mit Unterstützung seiner Familie in der Fundación ist. Felipe, 16, wiederum ist nicht freiwillig sondern auf Drängen seiner Mutter gekommen, weil sein Haschischkonsum eine tägliche Angewohnheit geworden war. Der 15jährige Diego, mit dem ich mich gestern eine ganze Weile unterhalten habe, ist erst seit drei Tagen im Projekt und kann es kaum erwarten, von dort wegzukommen. Er lebte zuvor so wie drei andere Geschwister auf der Straße und sagte mir, er wolle wieder zurück, sein Leben sei auf der Straße, dort gefalle es ihm am besten.

Der Gründer der Fundación Niños de los Andes, Jaime Jaramillo, in Kolumbien bekannt als Papá Jaime, hat in vierzig Jahren ungefähr 65.000 Kinder von der Straße geholt. Er erscheint kaum noch selbst im Projekt, denn seine Arbeit spielt sich heute überwiegend im Bereich persönliches Wachstum ab. Über seine Firma Leadership Papá Jaime vertreibt er seine Bücher und CDs und ist ständig unterwegs auf Vortragsreisen. Ich hatte das Vergnügen, ihn letzte Woche in eine der renomiertesten kolumbianischen Kosmetikfirmen vor den Toren Bogotás zu begleiten, wo er einen zweistündigen Vortrag vor achthundert Arbeitern und Arbeiterinnen aus der Fabrik hielt. Er versteht es wirklich, Menschen zu motivieren und zu bewegen. Die Essenz seiner Botschaft kann man ungefähr so zusammenfassen: “lebe im Moment, freue dich an dem, was du hast und schaue nicht auf das, was dir fehlt; hänge dich nicht an Dinge oder Personen, denn das macht dich unfrei und unglücklich; nutze dein Potential, träume und visualisiere deine Träume, damit sie Wirklichkeit werden; liebe dich selbst und deine Mitmenschen; gibt ohne Gegenleistung zu erwarten”.

Sein Buch “Te amo pero soy feliz sin ti” habe ich bei meinem ersten Besuch in Bogotá vor drei Jahren mit nach Deutschland genommen und konnte den Kamphausen Verlag dafür gewinnen. Es erscheint im März unter dem deutschen Titel “Ich liebe dich, aber ich bin glücklich ohne dich” im Lüchow Verlag.

Auf Youtube kann man sich einen Eindruck über die eindrucksvolle Arbeit der Stiftung verschaffen:
http://www.youtube.com/watch?v=lMfUb3mM69U
http://www.youtube.com/watch?v=3FLRRfGt1oY&feature=g-list&list=PL5CDCD9B9EABC683F

Kommentieren